Tobias Zapfel, Chicago

“Er warf sich in einen Stuhl und fing an nachzudenken. Plötzlich fielen ihm wie ein Blitz die Worte ein, die er am Tage, wo das Bild fertig geworden war, in Basil Hallwards Atelier gesagt hatte. Ja, er erinnerte sich genau. Er hatte den wahnsinnigen Wunsch geäußert, er selbst möchte jung bleiben und das Bild alt werden; seine eigene Schönheit sollte nie befleckt werden und das Gesicht auf der Leinwand die Last seiner Leidenschaften und seiner Sünden tragen; das gemalte Bild sollte von den Linien des Leidens und des Denkens verrunzelt werden, und er selbst wollte allen zarten Schmelz und alle Anmut seiner Jugend bewahren, deren er sich eben damals bewußt geworden war. Sein Wunsch war doch nicht in Erfüllung gegangen? Solche Dinge waren unmöglich. Es schien ungeheuerlich, auch nur daran zu denken. Und doch, da stand das Bild vor ihm und hatte den Zug der Grausamkeit um den Mund.”

Aus: Oscar Wilde: Das Bildnis des Dorian Grey.
Spiegel online: Projekt Gutenberg-de
(http://gutenberg.spiegel.de/wilde/dorian/gray07.htm).